Wenn der Freigeist dreimal getroffen werden muss
Ein althergebrachtes Spiel, das zunehmend in Vergessenheit gerät, ist Völkerball. Aus Spaß an diesem Sport halten gut zehn Mädchen und Buben die Tradition in der gemeindeeigenen Halle aufrecht. Der Heimatzeitung erzählten die jungen Aktiven vom Verein Funsport Ering, warum dabei Zielwasser gefragt ist und wer wem den Ball stiehlt.
Durch die großflächigen Scheiben der Halle lässt sich das muntere Treiben bereits von draußen ausmachen: Drinnen bewegen sich die zwei Teams hurtigen Schrittes übers Spielfeld. „Ziel ist es, die Akteure der anderen Mannschaft mit dem Ball abzuwerfen“, erklärt Christine Butz (11). Gefragt sind dafür Schnelligkeit, Geschick, Ausdauer sowie Fang- und Treffsicherheit.
Drei parallel verlaufende Linien unterteilen das Spielfeld. „Dafür nutzen wir einfach die vorhandenen Handball-Markierungen“, erzählt Vincent Wolf (9). Getrennt voneinander postieren sich die beiden Teams in den zwei mittleren Feldern. Die Mannschaften sind gleich groß, die Spielerzahl ist variabel. Außen befindet sich jeweils das Feld des Freigeists eines Teams.
Durch die gesamte Aufstellung geraten die Aktiven beider Mannschaften von zwei Seiten ins Visier des Gegners. Wird ein Spieler mit dem Ball abgeworfen, wechselt er ins Feld des eigenen Freigeists. „Sind alle getroffen, muss der Freigeist in das mittlere Team-Feld“, weiß Eva Naßauer (10). Dort hat der Freigeist drei Leben. „Wird er dreimal abgeworfen, hat die andere Mannschaft gewonnen“, so Eva weiter.
Ganz so einfach ist die Sache aber nicht. Vincent schränkt ein: „Wenn ein Spieler den Ball fangen kann, zählt das nicht als Treffer.“ Und Tobias Bauer (10) erklärt: „Trifft ein abgeworfener Spieler aus dem Freigeistfeld einen Gegner, darf er ins mittlere Feld zurück.“ Folglich geht ein Spiel oft munter hin und her.
Wer auch immer im Ballbesitz ist, beginnt die Jagd auf die Spieler des anderen Teams. Aus eigener Erfahrung weiß Tobias: „Christine abzuwerfen ist schwierig, weil sie den Ball gut fängt.“ Berührt der Ball nach dem Körperkontakt nicht den Boden, zählt das ja nicht als Treffer. Darüber hinaus ist Sechstklässlerin Christine für ihre scharfen und präzisen Würfe bekannt.
Zwar bleiben beide Teams in ihren jeweiligen Feldern. „Ist der Ball noch in der Luft ist, darf ich aber über die Linie rüberlangen“, verrät Christine. Die Kinder sprechen in diesem Fall davon, „den Ball zu stehlen“. Zu guter Letzt weist Grundschüler Tobias auf folgende Regel hin: „Um einen gültigen Treffer zu landen, darf der Ball vorher nicht auf dem Boden aufspringen.“
Viertklässlerin Eva nimmt am liebsten die Rolle des Freigeists ein und sagt: „Da muss ich nicht so viel laufen.“ In der Tat konzentriert sich die Jagd auf die mittleren beiden Felder. Unterm Strich gefällt Tobias am Völkerball, „dass es ein Mannschaftssport ist“. Zudem dreht sich laut Vincent einmal mehr alles darum, „zusammen zu gewinnen“.
Da blutet schon mal eine Nase
Oft geht es heiß her. Im Eifer des Gefechts „ist im Sommer der Ball einmal durchs offene Fenster rausgeflogen“, erinnert sich Vincent. Und obwohl die jungen Vereinsmitglieder einen weichen Gummiball verwenden, blutete dem Viertklässler nach dem Völkerball bereits die Nase. Spiele gegen andere Teams finden zwar nicht statt. Doch beim Vereinsfest maß sich der Nachwuchs einmal mit seinen Eltern.
Von den aktuellen Aktiven gehen sieben zusammen in die vierte Klasse der Grundschule Ering. Auch im dortigen Sportunterricht wird zur Freude der Kinder ab und zu Völkerball gespielt. Die Älteren drückten hier einst auch die Schulbank und sind mittlerweile Fahrschüler.
Während der Schulzeit kommen jeden Dienstag ab 17.20 Uhr in der Turnhalle neben der örtlichen Grundschule alle zusammen. Da beim Völkerball das Spiel lange Zeit hin- und herwiegen kann, kommt es vor: Der Wettkampf läuft immer noch, obwohl die Stunde zu Ende geht. In diesem Fall trennen sich die Teams schiedlich-friedlich ohne Sieger.
Quelle: PNP
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