Einzigartig in Niederbayern: Gemeinde sorgt selbst für Hausarztpraxis
Im Inntal fehlen sechs Hausärzte. Nirgendwo in Niederbayern hat die medizinische Unterversorgung ein derart ernstzunehmendes Ausmaß wie hier. Die Gemeinde Ering (Landkreis Rottal-Inn) greift daher zu einer ungewöhnlichen Maßnahme.
Der Versorgungsgrad liegt bei aktuell unter 80 Prozent. Nicht weit weg davon, in Mühldorf am Inn in Oberbayern, ist der Versorgungsgrad mit 80,4 Prozent nicht viel besser, während die medizinische Versorgung etwa in Bad Reichenhall oder Traunstein mit einem Versorgungsgrad von jeweils deutlich über 110 Prozent passt.
Im unterversorgten Inntal wird hingegen seit Monaten geschaut, ein wirksames Mittel gegen den Ärztemangel zu finden. Allerdings bislang ohne durchschlagenden „Therapie-Erfolg“. Die kleine Gemeinde Ering (1900 Einwohner) in Landkreis Rottal-Inn versucht jetzt, was die chronische medizinische Unterversorgung betrifft, sich „selbst zu helfen“, zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB). Es ist ein einzigartiges Projekt in Niederbayern: Ering sorgt für eine Praxis im Ort, die KVB stellt dann einen Arzt an – zunächst befristet auf zwei Jahre.
Der Ärztemangel ist in der Region schon länger Thema. Darauf aufmerksam gemacht hatte im Vorjahr der SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Alfred Feldmeier. Seither gab es viele Gespräche, ein Hin- und Herschreiben mit dem Lauterbach-Ministerium in Berlin, zuletzt ein Gipfel-Treffen mit Ärzten und der parlamentarischen Staatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) im Simbacher Rathaus.
Dabei wurden auch ausführlich die Gründe erläutert, warum es so schwer ist, Ärzte aufs Land zu bringen. Der Simbacher Arzt Dr. Günter Stapfer kritisierte, dass bereits während des Medizinstudiums den angehenden Ärzten vermittelt werde, der Beruf des Allgemeinmediziners sei unattraktiv. „Junge Kollegen haben außerdem heutzutage eine andere Vorstellung von Work-Life-Balance, sie wollen nicht mehr so viel arbeiten“, so Dr. Stapfer.
Gemeinde zwei Jahre ohne Hausarztpraxis
Als vor zwei Jahren, im Herbst 2021, die langjährige Arztpraxis am Eringer Ahornweg zusperrte, hatte es sich Bürgermeister Hans Wagmann (CSU) leichter vorgestellt, wieder einen Arzt zu finden. Aber trotz intensiver Suche meldete sich keiner. „Weil es keine Ärzte gibt, das ist das Problem“, so Johann Ertl, regionaler Vorstandsbeauftragter für Niederbayern bei der KVB. Und die, die es gibt, die wollen lieber angestellt sein, weil sie das wirtschaftliche Risiko während des Praxisaufbaus scheuen.
Ist eine Region allerdings mehr als sechs Monate unterversorgt, dann ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, eine Eigeneinrichtung mit einem angestellten Arzt zu betreiben, um die Situation zu verbessern. Bei so einer Einrichtung wäre der Arzt angestellt, das wirtschaftliche Risiko gering, es gibt keine hohen Anfangsinvestitionen – also alles in allem müsste es ja möglich sein, dafür einen Arzt zu finden, oder? „Meist fehlt es aber dann an den passenden Räumen für eine Praxis“, erklärt Johann Ertl, warum es trotzdem nicht so einfach ist und dass er da die Kommunen in der Pflicht sieht, „die Räume zu finden und bereitzustellen“.
Dass es tatsächlich klappen kann, wieder einen Arzt für eine Landpraxis zu gewinnen, zeigt das Beispiel Ering. Dort kümmerte sich Bürgermeister Hans Wagmann um geeignete Räumlichkeiten, führte entsprechende Gespräche mit der KVB. Die Gemeinde kaufte schließlich den alten Pfarrhof in der Paul-Sporrer-Straße auf, der seit etwa drei Jahren leer steht, seit Pfarrvikar Joseph Kakkatil wieder zurück nach Indien gegangen ist.
Umbau kostet Ering rund 100000 Euro
Der Pfarrhof wird jetzt auf Kosten der Gemeinde umgebaut, rund 100000 Euro wird das kosten. Die Fenster müssen getauscht werden, die Heizung muss erneuert werden. Dafür gibt es Zuschüsse.
In Absprache mit der KVB wird das Haus so umgestaltet, dass man eine Hausarztpraxis einrichten kann: Im Erdgeschoss sind der Empfang, ein Wartezimmer, drei Behandlungszimmer, ein Labor und die Toiletten vorgesehen; im Obergeschoss die Sozialräume für die Praxisangestellten und ein Büro für den Arzt. Die Praxiseinrichtung selbst wird dann von der KVB übernommen. Die stellt den Arzt selbst an – es gibt dafür auch schon einen Interessenten –, ebenso das Praxispersonal. Alles zunächst für zwei Jahre. Danach ist das Ziel, dass der Arzt die Praxis selbst übernimmt.
In Niederbayern sei es bisher das erste Mal, dass so eine Eigeneinrichtung umgesetzt werde, so Johann Ertl. Was die Situation in Oberbayern betrifft, da ist so eine Lösung bisher von der KVB nicht vorgesehen. In Franken gebe es so etwas schon – allerdings sei das eine Hautarztpraxis.
Auch wenn dort so eine Eigeneinrichtung bereits erfolgreich betrieben wird und höchstwahrscheinlich auch in Ering funktionieren wird, so soll aber das Einrichten von Praxen und das Anstellen von Ärzten nicht gängige Praxis für die KVB werden. Man sehe darin ein Modell, eine Zwischenlösung für Regionen zu finden, die unterversorgt sind, aber es soll nicht zur Aufgabe der KVB werden, Praxen zu eröffnen, so der regionale Vorstandsbeauftragte Johann Ertl.
Quelle: PNP
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